Job oder Berufung?
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Job oder Berufung?

Aktualisiert: 14. Nov. 2020

Eine der Fragen, die mir am häufigsten gestellt werden, ist: Wie finde ich meine Berufung? Viele von uns sind ratlos, wenn es darum geht, ihren ganz persönlichen Weg einzuschlagen, mit einer Aufgabe, die für sie Sinn macht. Den Fokus dahin zu legen, wo sie eigentlich hin möchten, statt Zeit und Energie dort zu verschwenden, wo sie nicht glücklich sind. 

Und die Frage, die ich mir oft stelle ist: Woran liegt es, dass so viele Menschen ihre Berufung noch nicht gefunden haben? Was hält sie davon ab?



 

WHAT ARE YOU DOING WITH YOUR LIFE?


Im Zusammenhang mit der Frage WIE VERBRINGST DU DEIN LEBEN gibt es 4 wichtige Begriffe, die wir zwar oft synonym verwenden, sie unterscheiden sich aber signifikant voneinander. Are you ready?

Die 4 Worte sind: Hobby - Job - Karriere - Berufung

Alle vier hängen zusammen, aber sie meinen nicht dasselbe. Jedes ist wunderbar und wichtig. Allerdings entsteht allein dadurch schon viel Orientierungslosigkeit, dass wir oft nicht verstehen, was sie tatsächlich bedeuten - oder welche Erwartungen und Anforderungen darin stecken. Deswegen versuche ich hier mal eine Definition:


1) HOBBY

Ein Hobby ist etwas, das dir Spaß macht, dich entspannt oder ablenkt.

Wir machen es in unserer freien Zeit. Hobbies kommen und gehen, verändern sich - manchmal probieren wir etwas Neues aus, machen es eine Zeitlang enthusiastisch und lassen es dann wieder sein. Ich wuchs in einer Familie auf, in der jeder ein Hobby hatte: (meine Oma strickte, mein Opa fotografierte, mein Bruder verbrachte ganze Sommer am Beachvolleyballplatz) und ich selbst hatte auch welche. Manche (zB. Klettern) habe ich inzwischen wieder aufgegeben, andere wie Literatur oder Cupcakes backen mag ich immer noch. Seit Neuestem gärtnere ich auf meiner Terrasse rum und züchte Basilikum. Du erkennst ein Hobby daran, dass der Grundton entspannt und spielerisch ist. Die Messlatte ist nicht sehr hoch und es geht nicht darum, damit Geld zu verdienen. Hobbies sind wichtig, weil sie uns daran erinnern, dass nicht alles im Leben produktiv, profitabel und effizient sein muss. Du BRAUCHST kein Hobby, aber es ist schön eins zu haben. Allein das Wort ist ja schon süß.


2) JOB

Du brauchst vielleicht kein Hobby, aber du brauchst einen Job. Falls du nicht mit einem Treuhandfond aufwächst, die Millionenshow gewinnst oder jemanden hast, der oder die dich komplett finanziell unterstützt, brauchst du einen Job. Eigentlich, sogar wenn die Treuhandfond/ Millionenshow/ Supporter-Variante auf dich zutrifft, solltest du trotzdem einen Job haben.

Mit einem Job kümmerst du dich um dich selbst und deinen Platz in der Welt.

Interessant ist: In jenen Ländern, die versuchsweise das bedingungslose Grundeinkommen einführen, kündigt trotzdem niemand. Warum ist das so? Ein Job gibt uns ein Gefühl von Eigenmächtigkeit, Sicherheit und Freiheit. Es fühlt sich gut an zu wissen, dass du dich selbst erhalten kannst und nicht verhungern wirst. Aber mit das wichtigste, das es über einen Job zu wissen gibt ist: Er muss nichts GROSSARTIGES sein. Ein Job kann langweilig sein, mühsam, er kann sogar unter deiner Würde sein. Jobs sind nichts Seelenerfüllendes und haben nichts mit Selbstverwirklichung zu tun. Das ist nicht ihr Anspruch. Wirklich nicht. Ich hatte einige davon: Jobs, die mich zu Tode langweilten oder für die ich völlig überqualifiziert war. Es ist egal. Einen Job musst du nicht lieben. Klar, wenn du ihn wirklich hasst, dann empfehle ich dir, such dir unbedingt etwas anderes. Aber denk darüber nach, warum du diesen Job gerade hast. Ein paar gute Gründe dafür könnten sein: Du sorgst für dich selbst, du sorgst für deine Familie, du sparst auf etwas richtig Wichtiges, du zahlst deine Schulden. Die Liste ist lang und voll ehrenwerter Gründe. Verurteile dich nicht wegen deines Jobs, und bewerte auch niemand anderen für den ihren oder seinen. Wir alle müssen etwas tun für unser Geld, also tu was du tun musst, nimm das Geld, freu dich dran und mach mit dem Rest deiner Zeit, was du möchtest. Ein Job definiert dich nicht. Er ist zwar lebenswichtig, aber er ist nicht dein Leben.


3) KARRIERE

Eine Karriere unterscheidet sich von einem Job, den du wegen des Geldes machst. Eine Karriere baust du dir über Jahre auf und es steckt viel Energie, Leidenschaft und Commitment drin. Deinen Job musst du nicht lieben, aber ich hoffe für dich, dass du deine Karriere liebst. Sonst bist du definitiv in der falschen. Eine Karriere ist eine riesige Investition und erfordert Ambition, Strategie und Fleiß. Deine Karriere ist deine Beziehung zur Welt. Wenn du an deiner Karriere arbeitest, brauchst du ein gutes Netzwerk mit Kontakten, gutes Selbstmanagement und gute Entscheidungen. Eine Karriere betrifft weniger dich als Privatperson, vielmehr betrifft sie deine öffentliche Person. Bei jeder Entscheidung, die du triffst, bedenkst du mit, wie sich das auf deine Karriere auswirken wird. Wenn ein Artikel von mir in einer Fachzeitschrift erscheint ist das gut für meine Karriere als Coach und Speakerin. Wenn man mich koksend in einem Hotelzimmer (muss nicht auf Ibiza sein) mit 5 exotischen Tänzern erwischt, wäre das eher schlecht für meine Karriere. Wobei ... wer weiß ;-).

Das Ding mit Karrieren ist folgendes: Sie ist eine tolle Sache, wenn du das wirklich willst. Aber sie ist kein MUSS. Es ist nichts falsch daran, dein Leben in verschiedenen Jobs zu verbringen, deine Hobbies zu genießen und deine Berufung zu leben, ohne je eine Karriere zu haben. Sie ist nicht für jedeN. Sie ist eine Wahl und eine Entscheidung. Wenn du dich dafür entscheidest, sei dir sicher, dass sie das Richtige für dich ist. Sonst wird deine Karriere zu einem mühsamen Marathon – der nebenbei auch noch sinnlos ist. Mir ist meine Karriere wichtig, aber sie ist bei weitem nicht das Wichtigste in meinem Leben. Nicht mal annähernd. Das Wichtigste in meinem Leben ist meine ....


4) BERUFUNG

Das Signal steckt schon im Wort selbst: „Ruf“. Deine Berufung ist etwas, das dich ruft, sie ist dein „calling“. Sobald es um die Berufung geht, ist eine andere Ebene mit im Spiel. Bei deiner Karriere geht es um deine Beziehung zur Welt, bei der Berufung ruft dich deine Seele. Deine Karriere hängt in vielen Dingen von anderen Menschen ab, deine Berufung gehört nur dir. Aus deinem Job und deiner Karriere kannst du entlassen werden, aber niemals aus deiner Berufung. Deine Karriere ist an andere Menschen, Institutionen, Medien geknüpft, deine Berufung ist das nicht. Meine Karriere definiert nicht, wer ich bin, meine Berufung schon. Selbst wenn alle meine KlientInnen verschwinden und ich kein Geld mehr damit verdienen würde zu coachen, würde ich mich immer noch mit denselben Themen beschäftigen wie ich es jetzt tue. Berufung hat nichts mit Ambition zu tun, mit Status oder Geld. Es ist nichts Krampfhaftes, Erzwungenes, Manipulatives oder gar Selbstzerstörerisches darin. Manchmal zerstört es unsere Berufung sogar, wenn wir eine Karriere daraus machen wollen (Amy Winehouse’ Karriere hat zum Beispiel ihre Berufung zerstört).

Deine Berufung muss also nicht automatisch dein Beruf sein. Im Deutschen ist es ein wenig irreführend, da im Wort Berufung der Beruf schon drin steckt. Das englische „vocation“ (lat. vocare, rufen) ist hier neutraler. Über deine Berufung muss auch niemand sonst Bescheid wissen. Sie ist heilig, und sie gehört nur dir. Sie macht dich lebendig und lässt dich spüren, wohin deine Seele will. Und sie erfüllt dich mit einem tiefen Sinn und der Gewissheit, genau richtig zu sein. Deine Berufung kann alles sein, das das in dir hervorbringt. Deine Kinder aufziehen kann deine Berufung sein. Dich um deine Beziehung kümmern. Die alten Menschen in deiner Nachbarschaft besuchen. Dich um Frieden in der Wohngemeinschaft bemühen. Nach spiritueller Erleuchtung suchen. Im Wald den Müll einsammeln als Geste der Liebe gegenüber deinen Mitmenschen. Vergebung kann deine Berufung sein.


Woher du weißt, dass du deine Berufung gefunden hast? Wenn du spürst, dass dein Geist zur Ruhe kommt und aufgehört hat zu suchen. Wenn du dich auf eine besondere Art stark und bestätigt fühlst und merkst, dass du angekommen bist. Und das Beste von allem: Inner peace.

Das Wichtigste bei all dem ist: Bewusst, aufmerksam und vorsichtig genug zu sein, worüber wir tatsächlich sprechen, wenn wir der Frage nachgehen: Wie und womit verbringe ich mein Leben?

Die Frage ist nicht leicht zu beantworten, aber die unterschiedliche Bedeutung dieser vier Worte zu verstehen und zu respektieren kann ein Anfang sein.


Und falls du im Zweifel bist: Probier wenigstens irgendetwas aus!

Wie der Poet David Whyte sagt: "A wrong-headed but determined direction is better than none at all."


Good luck out there, brave seekers!




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