Wozu eigentlich Persönlichkeitsentwicklung?
Aktualisiert: 14. Nov. 2020
Was ist das entscheidende Momentum, das sich positiv auf alle deine Lebensbereiche auswirkt, angefangen bei deiner Arbeit, über Beziehungen und Freundschaften zu Gesundheit und deinem Energielevel, deiner inneren Haltung bis hin zu Achtsamkeit und Spiritualität?
Es ist Weiterentwicklung.

"Entwicklung ist so wichtig, weil sie Menschen hilft, gesünder, glücklicher und zufriedener zu leben. Damit ist sie alles andere als ein Selbstzweck."
Svenja Hofert, Wirtschaftspsychologin und Coach für Karriere & Entwicklung
Hand aufs Herz - was trifft eher auf dich zu?
Sagst du dir: "Ich bin, wie ich bin" oder "ich will so werden, wie ich sein kann"?
Glaubst du, dass deine persönlichen Eigenschaften genetisch festgeschrieben sind und sich nicht ändern lassen oder glaubst du, dass dein Leben mit all deinen Erfahrungen hier ein Wort mitzureden hat? Im Klartext: Statisches Denken oder Wachstums-Denken?
Letzteres wurde bereits in den 1960ern von namhaften Psycholog*innen erforscht und erfährt seit 2000 endlich auch ein Backup durch die Hirnforschung. Hatte meine Mutter in ihrem Studium noch gelernt, dass ab dem Alter von 27 beim Menschen alles niet-und nagelfestgeschrieben ist, gibt es mittlerweile die erfreuliche Botschaft von der Neuroplastizität unseres Gehirns: Auch bei Erwachsenen entstehen permanent neue Nervenzellen und neuronale Verbindungen. Unser emotionaler Stil, zum Beispiel Extraversion, ist zwar angeboren, lässt sich aber zeitlebens beeinflussen und verändern. Wer als extravertierter 20-Jähriger noch alle nieder redet, ohne anderen jemals zuzuhören, kann mit Vierzig empathische Dialoge führen. Er hat den eigenen emotionalen Stil also weiterentwickelt. - Vielleicht durch die Erfahrung, dass andere Menschen auf stundenlanges Monologisieren nicht unbedingt positiv reagieren.
Problem-Trance, Bulimie-Lernen und Ole´-Mindset
Veränderung ist immer dann erwünscht, wenn sie Menschen dabei hilft, ein schöneres Leben zu führen. Das kann vieles bedeuten. Zum Beispiel, öfter ein tiefes Gefühl von Zufriedenheit zu spüren. Weniger Angst zu haben. In Konflikten gelassener zu sein. Früher merken, wann die eigene Grenze erreicht ist und zu wissen, was dann zu tun ist. Sich mit sich selbst wohl fühlen. Schneller verzeihen können. Sich mehr vertrauen. Anderen mehr vertrauen. Sich nicht mehr permanent Sorgen machen. Wünsche in Ziele umwandeln und dafür losgehen. Oder, um bei dem Beispiel von oben zu bleiben: Stabile Beziehungen aufrecht zu erhalten, indem man echtes Interesse für das Gegenüber signalisiert.
Klingt wunderbar, hätten wir alles gerne. Was stattdessen passiert, ist häufig etwas anderes.
Warum? Weil ohne persönliche Entwicklung Veränderung oft überhaupt nicht möglich ist. Man steht sich selbst im Weg, rennt gegen Mauern, kommt nicht weiter. Es fallen einem keine neuen Ideen mehr ein, gefühlt hat man schon alles probiert und man beginnt, mehr um das Problemen zu kreisen als um die Lösung – Problemtrance statt Ideen.
Wenn wir mit unseren bisherigen Bewältigungsstrategien und Lösungskompetenzen nicht weiterkommen, braucht es etwas Neues. Spätestens dann ist es Zeit für Entwicklung.
Damit meine ich keinesfalls die radikalisierte Form aufgepeitschter bloßer Selbstoptimierung, die vor allem auf dem US-Markt boomt und suggeriert, dass mit dem richtigen, positiven, lösungsorientierten Olè-Mindset noch mehr in immer kürzerer Zeit zu schaffen sei.
Ich meine auch nicht nur Veränderung oder Lernen. Lernen bedeutet die Aufnahme von Information. Meine Studierenden verwenden zur Prüfungszeit jetzt im Juni gerne das Wort „Bulimie-Lernen“, weil sie große Mengen Stoff in kurzer Zeit in sich hineinstopfen und dann zum gegebenen Zeitpunkt ... nennen wir es wiedergeben. Viel hängen bleibt dabei meist nicht.